+41 44 309 45 45 info@q-linked.ch
l

Verfasst von Victoria Gräff

24.10.2023

Kategorie: Best Practice

Abweichung auch auf interne Vorgaben ohne Normbezug möglich?

Darf sich eine Abweichung auf Vorgaben beziehen, die nicht in der Norm stehen?

 

Bei einer unserer Kundinnen ist genau das passiert:

In ihrem Managementsystem ist als Teil des Eintrittsprozesses eine Vorlage für eine Einarbeitungscheckliste abgelegt, die für alle neu startenden Mitarbeitenden je nach Stelle individualisiert werden kann. Die Liste wird von den Mitarbeitenden im Rahmen ihrer Probezeit abgearbeitet und anschliessend im Personaldossier abgelegt. Im ISO-Audit hatte der Auditor sich jedoch ausgerechnet jenes Personaldossier zeigen lassen, bei welchem man sich nicht an die eigene interne Vorgabe gehalten hatte und in welchem die Einarbeitungscheckliste nicht abgelegt war. Prompt tauchte dies als Abweichung im Auditbericht auf. Und das, obwohl die ISO 9001 weder vorgibt, dass eine Einarbeitungscheckliste erstellt werden muss, noch wo diese abzulegen ist.

Das klingt im ersten Moment einmal hart. Sinn dahinter ist jedoch, dass im Managementsystem nur solche Vorgaben verankert werden, welche die Unternehmung auch einhält und den Umkehrschluss zulässt: wenn die Vorgabe existiert, möchte sich zum Beispiel die Kund- oder Belegschaft darauf verlassen können, dass sie auch eingehalten wird.

Und um die Ausgangsfrage «Darf sich eine Abweichung auf Vorgaben beziehen, die nicht in der Norm stehen?» eindeutig zu beantworten: «Ja, darf sie. Eine Abweichung kann auch dann auftreten, wenn anstelle der Norm- eine interne Vorgabe nicht eingehalten wurde.»

 

Wie können Sie solche Abweichungen verhindern? Insbesondere jene, die keinen direkten Bezug zur ISO 9001 oder anderen Normen aufweisen?

 

Für die Raffinierten unter Ihnen liegt die Antwort klar auf der Hand: Wenn es keine internen Vorgaben gibt, können sie auch nicht dagegen verstossen. Also schnell die interne Dokumentation vor dem Audit durch den Schredder jagen und schon können Sie sicher gehen, gegen keinerlei interne Vorgaben zu verstossen? So einfach sieht die Sache natürlich nicht aus.

Um sicherzustellen, dass verschiedene Mitarbeitende die gleichen Aufgaben so ausführen, dass sie zum gleichen Ergebnis führen, benötigen wir einen gemeinsamen Konsens darüber, welche Aufgaben innerhalb der verschiedenen Prozesse zu erledigen sind und vor allem auch wie. Dazu braucht es Vorgaben und Anleitungen, an welchen sich insbesondere neue Mitarbeitende orientieren können. Ihre interne Dokumentation schützt Sie zum Beispiel auch dann, wenn Mitarbeitende unerwartet ausfallen und deren Aufgaben von anderen Personen weitergeführt werden müssen. Ausserdem bietet ihre Dokumentation die Grundlage für die stetige Verbesserung von Prozessen und Arbeitsabläufen.

Und eine weitere gute Nachricht ist: Sie haben ihre Dokumentation sowie die internen Vorgaben selbst in der Hand. Somit gilt auch intern, was sonst häufig nur gegenüber der Kundschaft gilt: Versprechen Sie sich selbst nur das, was Sie auch halten können und wollen. 

 

Weniger ist mehr

 

Dies bezieht sich sowohl auf Ihre Dokumente als auch auf die darin enthaltenen internen Vorgaben.

Je weniger Dokumente sie haben, umso weniger Dokumente müssen Sie auch pflegen und aktualisieren. Und: umso schneller finden Sie auch gesuchte Informationen.

 

Fangen Sie klein an

 

Wenn Sie nicht sicher sind, ob Sie ein bestimmtes Dokument im Arbeitsalltag wirklich benötigen werden, lassen Sie es darauf ankommen. Wenn Sie später merken, dass Ihnen Informationen fehlen, stellen Sie sich die Frage, ob es möglich ist, ein bestehendes Dokument zu erweitern. Dies beugt vor, dass Sie beim Erstellen eines komplett neuen Dokumentes Informationen mit aufnehmen, die Sie aktuell gar nicht benötigen und Sie später lediglich zur Einhaltung zwingen. So können Sie nicht nur den Pflegeaufwand des Dokumentes selbst möglichst geringhalten, Sie haben auch alle relevante Informationen gesammelt an einem Ort abgelegt.

Und um die Antwort auf die Ausgangsfrage nun abschliessend zu beantworten:

«Ja, darf sie. Aber Sie haben vor dem Audit die Chance Ihre eigenen Regeln zu schreiben. Nutzen Sie sie.»

Gerne helfen wir Ihnen dabei. Kontaktieren Sie uns noch heute.